Erben? Oder nicht? Voraussetzungen der Entziehung des Pflichtteils


Von Reinhart Eberspächer
25. April 2023

Soll einem Pflichtteilsberechtigten der Anspruch auf den Pflichtteil vom Erbe entzogen werden soll, so ist dies unter den Voraussetzungen des § 2333 BGB möglich, allerdings steht die Pflichtteilsentziehung vor hohen Hürden. Einem Abkömmling kann der Pflichtteil entzogen werden, wenn

  • der Abkömmling dem Erblasser, seinem Ehegatten oder ähnlich nahestehenden Personen nach dem Leben trachtet
  • der Abkömmling sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser, dessen Ehegatten oder ähnlich nachstehenden Personen schuldig macht
  • der Abkömmling dem Erblasser gegenüber seine gesetzliche Unterhaltspflicht verletzt
  • der Abkömmling wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird oder wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Erziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird. Dies gilt jedoch nur, wenn deshalb die Teilhabe des Abkömmlings an dem Nachlass für den Erblasser unzumutbar ist.

Gem. § 2336 BGB muss der Grund für die Entziehung zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung bereits bestehen. Ferner muss auch der Grund für die Entziehung in der letztwilligen Verfügung angegeben werden. Soweit die Teilhabe an dem Nachlass für den Erblasser unzumutbar ist (vgl. oben vierter Spiegelstrich), muss der Grund für die Unzumutbarkeit in der letztwilligen Verfügung angegeben werden. Problematisch kann in der Praxis sein, ob die Begründung in der letztwilligen Verfügung ausreichend ist. Bei der Begründung ist darauf zu achten, dass deutlich wird, dass die Verfehlungen den persönlichen, in der Familie gelebten Wertvorstellungen des Erblassers in hohem Maße widersprechen. Bei schweren Straftaten, die eine hohe Freiheitsstrafe bedingen, liegt dies per se nahe; es besteht eine Wechselwirkung zwischen der Schwere der Tat und der gesamten Unzumutbarkeit (LG Stuttgart, NJW-RR 2012, 778). Je schwerer die Straftat ist, umso knapper kann die Darstellung sein. Schwerste Straftaten ziehen bereits aus der Tatbegehung die Motivation der Erblasser nach sich. Komplette Einzelheiten des den Pflichtteilsentzug rechtfertigenden Sachverhaltes sind jedoch nicht nötig (BGH NJW 1985, 1554).

Wird beispielsweise einem Pflichtteilsberechtigten der Pflichtteil wegen eines begangenen schweren Raubes entzogen, steht der Wirksamkeit des Pflichtteilsentzuges nicht entgegen, dass die Straftat nur rudimentär im Testament bezeichnet ist (OLG Oldenburg, Beschluss vom 08.07.2020, 3 W 40/20 = BeckRS 2020, 28181).

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